Krisen als Wendepunkt im Leben

Krisen sind so verschieden wie das Leben selbst: Sie können durch persönliche Erlebnisse oder äußere Umstände ausgelöst werden – etwa durch Verluste, gesundheitliche Herausforderungen, berufliche Schwierigkeiten oder gesellschaftliche Veränderungen.

 

Dabei unterscheiden sie sich stark in ihrer Intensität und Dauer und fordern uns auf ganz unterschiedliche Weise heraus.

 

Egal, wie Krisen auf uns zukommen und wie sehr sie uns manchmal aus der Bahn werfen, sie tragen immer auch die Möglichkeit in sich, unser Leben neu zu ordnen, zu überdenken und alte Muster zu durchbrechen – und sie bieten die Chance, innere Stärke zu entwickeln und neue Perspektiven zu gewinnen.

/// Verlustkrisen

  • Scheidung
  • Tod eines Angehörigen
  • Arbeitsplatzverlust
  • ...

/// Gesundheitskrisen

  • schwere Krankheit
  • Unfälle
  • Burnout
  • ...

/// Beziehungskrisen

  • Freundschaftskonflikte
  • toxisches Arbeitsumfeld
  • familiäre Streitigkeiten
  • ...

/// Existenzkrisen

  • Finanzkrise
  • Wohnungsverlust
  • berufliche Neuorientierung
  • ...

/// Gesellschaftliche Krisen

  • Klimakrise
  • Pandemien
  • polititsche Umwälzungen
  • ...

/// ...

  • ...

Warum erleben wir Krisen so unterschiedlich?

Krisen betreffen uns alle, doch sie wirken nicht auf alle Menschen gleich. Eine spontane Antwort auf die Frage, warum das so ist, wäre: „Natürlich trifft mich der Verlust eines geliebten Menschen stärker als der Verlust eines Arbeitsplatzes.“ Und das ist selbstverständlich richtig! Doch es gibt – unabhängig von der Art der Krise und davon, wie schwer die Situation objektiv ist – Faktoren, die beeinflussen, wie wir Krisen erleben und bewältigen.

 

 

Unser Umgang mit Krisen wird von sogenannten Schutz- und Risikofaktoren beeinflusst, die sich in interne und externe Faktoren aufteilen:

 

  • Interne Schutz- und Risikofaktoren umfassen unsere Persönlichkeitsmerkmale, Resilienzfaktoren und Inneren Antreiber. Eigenschaften wie Selbstbewusstsein und emotionale Stabilität wirken oft wie Puffer und ermöglichen es uns, schneller Lösungen zu finden. Andererseits können Merkmale wie Perfektionismus, ein ausgeprägter „Sei stark“-Antreiber oder ein großes Bedürfnis nach Kontrolle zusätzliche Belastungen schaffen – um nur einige Beispiele von vielen möglichen zu nennen.

 

  • Externe Schutz- und Risikofaktoren schließen neben dem sozialen Umfeld auch weitere Lebensbereiche ein. Familie, ein Freundeskreis oder ein unterstützendes berufliches Netzwerk sind wichtige Ressourcen, die uns in Krisen stabilisieren. Finanzielle Sicherheit, ein sicherer Arbeitsplatz, ein stabiles Wohnumfeld und der Zugang zu Gesundheits- oder Bildungsangeboten sind weitere Beispiele für mögliche externe Schutzfaktoren. Fehlen solche äußeren Ressourcen, kann die Belastung intensiver empfunden und die Bewältigung von Krisen erschwert werden.

 

Ein bewusster Umgang mit den Schutz- und Risikofaktoren kann langfristig zur Stärkung der Resilienz beitragen und uns helfen, in Krisensituationen gefestigt zu bleiben und an ihrer Bewältigung zu wachsen.

Der Krisenverlauf - ein wisschenschaftlicher Einblick

Ein fundierter Blick auf Krisen hilft uns, unseren eigenen Umgang mit ihnen zu reflektieren und Resilienz zu stärken. Dafür stelle ich dir zwei wissenschaftliche Modelle vor:

 

  1. das Modell der Bewältigung des schwedischen Psychiaters Johann Cullberg und
  2. das Modell der Veränderung der schweizerisch-US-amerikanischen Psychiaterin Elisabeth Kübler-Ross.

 

Das Phasenmodell der Krisenbewältigung

1

Schockphase

Ein Zustand der Erstarrung, in dem alles surreal wirkt. Verdrängung und Rückzug sind typische Reaktionen.

2

Reaktionsphase

Die Krise wird bewusst, und Emotionen wie Wut, Trauer oder Verzweiflung kommen auf.

3

Bearbeitungsphase

Die Akzeptanz beginnt, und erste Strategien zur Bewältigung werden entwickelt.

4

Neuorientierung

Eine neue Perspektive entsteht, und der oder die Betroffene fühlt sich durch die überstandene Krise gestärkt – oder kehrt in den Ursprungszustand zurück bzw. entwickelt sich in eine negative Richtung.

 

 

Das Bild verdeutlicht, dass Krisen langfristig zu neuen Ansichten und gestärkter Resilienz führen können – oder, abhängig von den individuellen Umständen, auch zu einer Rückkehr in den Ausgangszustand oder einer negativen Entwicklung.

 

Sich frühzeitig auf die eigene Resilienz vorzubereiten, kann den Unterschied ausmachen.

Das Phasenmodell der Veränderung

1. Schock – Direkt nach dem Ereignis fühlen wir uns wie „eingefroren“. Der Schock ist oft begleitet von einem Gefühl der Erstarrung und inneren Distanz, als Schutzmechanismus, um uns vor der vollen Wucht der Realität zu bewahren.

 

2. Leugnung – Wir blenden die Krise teilweise aus, oft mit Gedanken wie „Das kann mir nicht wirklich passiert sein“. Diese Verdrängung dient als kurzfristiger Schutz.

 

3. Zorn – Gefühle wie Wut oder Frustration kommen auf. Schuldige werden gesucht – entweder bei anderen oder bei uns selbst. Der Zorn hilft dabei, angestaute Energie abzubauen.

 

4. Öffnung – Hier beginnen wir, die Realität anzunehmen und werden empfänglicher für mögliche Lösungen.

 

5. Depression – In dieser Phase spüren wir Trauer und Hoffnungslosigkeit und ziehen uns innerlich zurück.

 

6. Verhandeln – Wir suchen nach einem Weg, die Situation zu beeinflussen, etwa durch positive Ansätze oder das Neuanpacken.

 

7. Akzeptanz – In dieser letzten Phase nehmen wir das Ereignis an und richten den Blick nach vorn, oft mit einer gestärkten Perspektive und mehr Selbstbewusstsein.

Krisen folgen keinem festen Ablauf

Beide Modelle unterstreichen, dass es keinen festen Ablauf im Umgang mit Krisen gibt.

 

Die Phasen folgen keiner festen Reihenfolge – viele Menschen durchlaufen sie in unterschiedlicher Reihenfolge oder wechseln zwischen den Phasen hin und her.

 

Auch die Dauer der Phasen ist individuell - manche Phasen durchlaufen wir schneller, in anderen verweilen wir länger.

 

Wenn jemand in einer Phase „stecken bleibt,“ kann professionelle Unterstützung hilfreich sein, um die Krise zu bewältigen und langfristige gesundheitliche Belastungen zu vermeiden.

Von vergangenen und zukünftigen Krisen

Ein Blick zurück zeigt oft, wie sehr du schon an vergangenen Krisen gewachsen bist.

Kritische Herausforderungen bringen uns oft an den Punkt, an dem wir erkennen, was wirklich zählt: wir setzen Prioritäten neu, ordnen unsere Werte und schärfen den Blick für das Wesentliche – und nicht selten entwickeln wir mehr Selbstvertrauen und Achtsamkeit.

 

Mit diesem Wissen kannst du nun den Blick nach vorn richten. Ein bewusster Umgang mit deinen Schutz- und Risikofaktoren stärkt deine Resilienz und bildet eine solide innere Basis. So gewappnet kannst du zukünftigen Herausforderungen mutig entgegentreten.

 

Die folgende Reflexionsübung und einfache Maßnahmen zur Stärkung deiner Schutzfaktoren können dir helfen, Krisen als Impuls für nachhaltige persönliche Entwicklung zu nutzen.

P R A K T I S C H E   R E F L E X I O N S Ü B U N G 

/// Krisenerfahrungen bewusst nutzen

Um das Gelernte aus Krisen langfristig in deinem Leben zu verankern, hilft es, Krisenerfahrungen gezielt zu reflektieren:

1

Rückblick auf Erfolge

Denke an eine schwierige Situation, die du erfolgreich gemeistert hast. Welche Strategien haben dir geholfen? Was hast du über dich selbst gelernt? Sei stolz auf deine Erfolge und würdige deinen Weg!

2

Stärkung der Strategien

Überlege, welche dieser Strategien du auf neue Herausforderungen anwenden könntest. Wie kannst du sie im Alltag trainieren und weiter festigen?

3

Positive Ressourcen stärken

Identifiziere Menschen, Fähigkeiten und innere Ressourcen, die dir in Krisen helfen. Halte dir diese Stärken regelmäßig vor Augen, um dein Selbstvertrauen zu fördern und deine Ressourcen präsent zu halten.

Selbst kleine Erfolge bewusst zu reflektieren, hilft, positive Bewältigungsstrategien ins Gedächtnis zu rufen und zukünftige Krisen mutig anzupacken.

P R A K T I S C H E   S C H R I T T E 

/// Stärkung der Schutzfaktoren

Schon kleine, leicht umsetzbare Schritte können helfen, deine Schutzfaktoren im Alltag zu stärken und deine innere Widerstandskraft zu pflegen:

1

Pflege sozialer Kontakte

Ein starkes Netzwerk aus unterstützenden Menschen hilft uns, in schwierigen Zeiten Halt zu finden. Nimm dir regelmäßig bewusst Zeit für Freunde und Familie und schaffe dir einen vertrauensvollen Kreis.

2

Achtsamkeit im Alltag

Kleine Momente der Achtsamkeit, wie ein bewusster Atemzug in stressigen Situationen oder ein positiver Tagesrückblick, helfen dabei, innere Ruhe zu bewahren und Stress abzubauen.

3

Akzeptanz kleiner Herausforderungen

Durch das bewusste Annehmen kleinerer Herausforderungen trainieren wir unsere Anpassungsfähigkeit und stärken das Vertrauen in die eigene Belastbarkeit.

Das A und O ist, sich bewusst Zeit für sich zu nehmen und gut auf sich zu achten. Mit solchen Übungen kannst du ohne viel Aufwand gezielt vorsorgen und deine innere Stärke im Alltag pflegen.

E I N  F A Z I T

Krisen als Chancen für Wachstum und Resilienz

Krisen sind so unterschiedlich wie die Menschen, die sie bewältigen – und genauso individuell sind die Wege, wie wir damit umgehen.

Jede überstandene Krise bietet die Möglichkeit, mehr Selbstwirksamkeit und innere Stärke zu entwickeln.

Die Bewältigung stärkt unsere Resilienz und macht uns widerstandsfähiger, um zukünftigen Herausforderungen mutig, mit klarem Fokus und vor allem optimistisch zu begegnen.

Krisen zu bewältigen und daran zu wachsen ist eine herausfordernde, aber lohnende Reise.

 

Mit einem systemischen Ansatz und gezielten Methoden kannst du einen tieferen Zugang zu deiner Resilienz finden und innere Stärke aufbauen. Ich stehe dir dabei gerne zur Seite und begleite dich auf deinem Weg zu mehr innerem Gleichgewicht und Klarheit.

Weiterführende Inhalte und Übungen


Für tiefergehende Informationen findest du auf meinem Blog Artikel, die sich mit Resilienz, Stressmanagement und dem Umgang mit Krisen beschäftigen.

Besonders empfehlenswert sind:

„Resilienz und Resistenz: Unterschiede und Gemeinsamkeiten“
Ein Vergleich, der verdeutlicht, wie wir innere Stärke entwickeln können.

„Innere Antreiber erkennen und nutzen“
Dieser Beitrag hilft dir, die unbewussten Motivationen und Glaubenssätze in dir zu reflektieren, die deine Handlungen und Krisenreaktionen beeinflussen.

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