Was treibt dich an?
Hast du dich jemals gefragt, warum du in bestimmten Situationen auf eine bestimmte Art und Weise reagierst? Deine Inneren Antreiber könnten die Antwort sein. Diese tief verankerten Motive prägen dein Verhalten und beeinflussen, wie du auf Stress, Herausforderungen oder neue Chancen reagierst.
In der Coaching-Arbeit spielen sie eine wichtige Rolle, um nachhaltige Veränderung und persönliches Wachstum zu ermöglichen. Doch was genau steckt hinter diesen Kräften, die meist unbewusst in uns wirken?
Woher kommen die Inneren Antreiber?
Die Theorie der Inneren Antreiber stammt aus der Transaktionsanalyse, die in den 1950er- und 1960er-Jahren von dem Psychiater Eric Berne entwickelt wurde. Sein Ziel war es, menschliche Interaktionen und innere Prozesse besser zu verstehen. Ein zentrales Konzept ist die Einteilung der Persönlichkeit in drei Ich-Zustände: das Eltern-Ich, das Erwachsenen-Ich und das Kind-Ich. Diese Zustände steuern, wie wir denken, fühlen und handeln.
Die Inneren Antreiber gehören zum Kind-Ich und entstehen durch frühkindliche Prägungen. In dieser Phase erhalten wir Botschaften – sogenannte "Einschärfungen" –, die uns unbewusst leiten und die uns zeigen, welches Verhalten zu z. B. Anerkennung, Liebe oder Sicherheit führt. Solche psychologische Grundbedürfnisse müssen ein Leben lang gestillt werden, damit wir seelisch gesund bleiben und unser Potenzial entfalten können.
In unserem Unterbewusstsein sind die frühkindlichen Prägungen tief verankert und wirken sich auch im Erwachsenenalter auf uns aus. Oft treiben sie uns an, ohne dass wir es bewusst wahrnehmen. In der Kindheit dienten sie als Schutzmechanismen, um uns in unserer Umgebung zurechtzufinden. Im Erwachsenenleben können sie jedoch – neben ihren positiven Eigenschaften – auch zu Stress und Überforderung führen, wenn wir sie nicht bewusst reflektieren und gezielt einsetzen.
Die Inneren Antreiber wurden durch die Analyse typischer Verhaltens- und Kommunikationsmuster systematisch erforscht. Heute können wir mithilfe von standardisierten Fragebögen und Coaching-Gesprächen die individuellen Motive eines Menschen identifizieren.
Diese Erkenntnisse sind besonders im Coaching-Prozess wertvoll, da sie helfen, die unbewussten Mechanismen zu verstehen, die unser Verhalten steuern.
Die fünf Inneren Antreiber im Überblick
Es gibt fünf grundlegende Innere Antreiber, die besonders häufig im Verhalten von Menschen zu beobachten sind. Ähnlich wie bei den Big Five der Persönlichkeit, haben sich diese fünf Antriebe herauskristallisiert, die unser Verhalten beeinflussen und oft mit Glaubenssätzen und inneren Überzeugungen einhergehen.
Alle Antreiber haben eine positive Absicht, können uns aber zu schaffen machen, wenn sie zu stark in den Vordergrund rücken und uns zu sehr bestimmen. Beispiele aus dem Alltag helfen, ihre Wirkung besser zu verstehen.
Die Inneren Antreiber sind:
Sei perfekt!
Menschen mit diesem Antreiber streben danach, in allem, was sie tun, Perfektion zu erreichen. Das kann zu großen Erfolgen führen, aber auch zu Selbstzweifeln oder dem Gefühl, nie gut genug zu sein.
Möglicher Glaubenssatz: „Gut ist nicht gut genug.“
Beispiel: Bei der Planung einer Feier überprüft jemand jedes Detail mehrmals, bis alles perfekt ist, wodurch sich der Stress vor dem Ereignis deutlich erhöht.
Sei stark!
Unabhängigkeit und Durchhaltevermögen kennzeichnen diesen Antreiber beispielsweise. Fremde Hilfe in Anspruch nehmen oder Schwäche zeigen, fällt Menschen mit diesem Antrieb schwer. Das kann dazu führen, dass Gefühle unterdrückt werden oder Angst vor Kontrollverlust entsteht.
Möglicher Glaubenssatz: „Ich schaffe das alleine.“
Beispiel: Ein alleinerziehender Vater versucht, alles alleine zu bewältigen, obwohl er von seinem Umfeld Unterstützung angeboten bekommt. Im Ergebnis hat er kaum noch Zeit für sich selbst.
Sei gefällig!
Menschen mit diesem Antreiber haben eine ausgeprägte Empathie und sind sehr sensibel für die Bedürfnisse anderer. Sie versuchen, es allen recht zu machen und es fällt ihnen leicht, harmonische Beziehungen aufzubauen. Der Preis dafür ist häufig, dass sie ihre eigenen Bedürfnisse vernachlässigen und Konflikte vermeiden.
Möglicher Glaubenssatz: "Ich muss es allen recht machen"
Beispiel: Bei der Projektplanung stimmt ein Teammitglied zu, zusätzliche Aufgaben zu übernehmen, obwohl die eigene Kapazität erschöpft ist. Im letzten Projekt war es ähnlich, deshalb konnte bisher auch kaum Urlaub genommen werden. Aber Nein sagen fällt irgendwie schwer ...
Streng dich an!
Dieser Antreiber motiviert Menschen dazu, sich hohe Ziele zu setzen. Der Wille, Herausforderungen zu bewältigen und hart zu arbeiten, ist positiv, kann jedoch auch zu Überarbeitung und Erschöpfung führen.
Möglicher Glaubenssatz: „Von nichts kommt nichts.“
Beispiel: Eine Studentin lernt regelmäßig bis spät in die Nacht und sagt Einladungen von Freunden ab, weil sie glaubt, nur durch ständige Anstrengung gute Noten erzielen zu können.
Sei schnell!
Menschen mit diesem Antreiber fühlen sich oft getrieben, alles schnell und effizient zu erledigen. Dieser Antrieb kann sie produktiv machen und ihnen helfen, viele Dinge in kurzer Zeit zu schaffen. Allerdings kann der ständige Druck, schnell zu sein, auch zu Überforderung und innerer Unruhe führen.
Möglicher Glaubenssatz: „Ich muss immer alles direkt und schnell erledigen.“
Beispiel: Eine Person versucht, in einem Teammeeting möglichst schnell alle Punkte durchzugehen, damit das Meeting kurz bleibt. Dabei werden jedoch wichtige Details übersehen, die später zusätzliche Abstimmungen notwendig machen.
Häufig wirken mehrere Antreiber in Kombination und formen gemeinsam unser Verhalten.
Innere Antreiber und Resilienz
Die Auseinandersetzung mit unseren Inneren Antreibern ist ein wichtiger Schlüssel für unsere Resilienz. Resilienz bedeutet, auch in schwierigen Situationen flexibel zu bleiben, Belastungen standzuhalten und gestärkt daraus hervorzugehen.
Selbstreflexion ist ein wertvoller erster Schritt, um ein Bewusstsein für die eigenen Antreiber zu schaffen. Doch durch professionelles Coaching können diese inneren Antriebe noch intensiver und gezielter erkundet werden. Im Coaching geht es darum, tiefer zu verstehen, welche Rolle sie in unserem Alltag spielen und wie sie uns in verschiedenen Lebensbereichen beeinflussen. Denn nur wenn wir wissen, wie sie uns voranbringen und wo sie uns ausbremsen, können wir daran arbeiten, sie bewusst zu steuern und für uns einzusetzen.
Indem wir dann gezielt trainieren, in stressigen Momenten innezuhalten, zu reflektieren und bewusst zu entscheiden, wie wir reagieren wollen, schaffen wir eine gesunde Balance zwischen Antrieb und Überforderung.
Diese Fähigkeiten sind essentiell für unsere persönliche Weiterentwicklung und helfen uns, langfristig unsere Resilienz zu stärken und mit mehr Gelassenheit durch herausfordernde Situationen zu gehen.
P R A K T I S C H E R E F L E X I O N S Ü B U N G E N
/// Die eigenen Antreiber erkennen
Ein wichtiger Schritt im Umgang mit den Inneren Antreibern ist die Selbstreflexion.
Welche Antreiber wirken in mir besonders stark? Wann treten sie am deutlichsten in Erscheinung? Und wie beeinflussen sie mein Verhalten und mein Wohlbefinden?
Hier sind einige Fragen, die du dir stellen kannst, um deine Inneren Antreiber besser kennenzulernen:
1
Welche Glaubenssätze begleiten mich besonders oft?
Was sagt die „Innere Stimme“ zu mir, wenn sie laut wird? Zum Beispiel „Das geht noch besser", "Keine Zeit verschwenden", „Bloß keine Fehler machen“, „Alle sollen sich wohlfühlen“, ...?
2
In welchen Situationen treten diese Antreiber besonders stark auf?
Sind es stressige Arbeitssituationen, wichtige Entscheidungen oder Momente, in denen ich mich unsicher fühle? ...
3
Welche positiven Aspekte haben meine Antreiber?
Wann helfen sie mir? Wie haben sie mir in der Vergangenheit geholfen, Herausforderungen zu bewältigen?
4
Welche negativen Effekte bringen sie mit sich?
Wann können sie mir schaden? Wo habe ich sie in der Vergangenheit als Hindernis wahrgenommen oder unter ihnen gelitten?
5
Wie kann ich einen Ausgleich schaffen, um die Balance zu halten?
Zum Beispiel, indem ich Pausen bewusst einplane oder mir erlaube, auch mal Schwächen zu zeigen, ...
/// Die eigenen Antreiber visualisieren
Nimm dir ein Blatt Papier und schreibe die fünf Inneren Antreiber auf: "Sei perfekt", "Sei stark", "Sei gefällig", "Streng dich an", "Sei schnell".
Notiere zu jedem Antreiber, in welchen Situationen er bei dir am meisten wirkt und welche Auswirkungen er auf dich hat. Überlege dir, welche positiven Eigenschaften dieser Antreiber mit sich bringt und wie du ihn konstruktiv nutzen kannst.
Du kannst dir auch eine Tabelle erstellen:
Durch das bewusste Auseinandersetzen mit diesen Fragen und die Visualisierung kannst du einen ersten Schritt machen, deine Antreiber besser zu verstehen und sie positiver zu nutzen.
Es lohnt sich, regelmäßig in die Reflexion zu gehen und ihre Entwicklung bewusst zu beobachten.
Ein Fazit:
Die Inneren Antreiber als Partner begreifen
Innere Antreiber sind wichtige Teile unserer Persönlichkeit. Sie motivieren uns, geben uns Kraft und helfen uns, unsere Ziele zu verfolgen. Doch es ist wichtig, dass wir lernen, sie zu regulieren und ihre positiven Aspekte in den Vordergrund zu stellen, ohne uns von ihnen dominieren zu lassen.
Im Coaching hilft die Arbeit mit den Inneren Antreibern dabei, Blockaden zu lösen und nachhaltige Veränderungen zu bewirken.
Wenn wir es schaffen, unsere Inneren Antreiber als wertvolle Partner zu begreifen, die uns unterstützen, aber nicht kontrollieren, können wir nicht nur unsere Resilienz stärken, sondern auch mit mehr Gelassenheit und Freude durchs Leben gehen.
Ebenfalls tief in uns verankert sind die fünf grundlegenden Persönlichkeitsfaktoren – die Big 5. Entdecke, wie diese Merkmale dein Verhalten prägen und begib dich auf eine spannende Reise durch deine eigene Persönlichkeit. Erfahre hier mehr.
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